Ein Wohnhaus von steinerner Beständigkeit

Ein Wohnhaus von steinerner Beständigkeit

„Hätte ich Ziegel genommen, wäre der Pavillon zwar genauso gute Architektur geworden, aber ich glaube kaum, dass er ebenso berühmt geworden wäre.“ Mies van der Rohe über seine Materialwahl beim Barcelona-Pavillon.

Die Idee: Ein Neubau von Dauer, im schönen Grunewald

Inmitten der Villenkolonie Grunewald macht ein verbautes Bestandsgebäude Platz für den Neubau einer modernen Villa. Das Grundstück liegt in der Nähe der Grunewaldkirche, im Zentrum des historischen Villenensembles. Da die Bebauung entsprechend stark reglementiert ist, wird die kleine Grundfläche des abgerissenen Baus mit 11,5 x 11,5 Metern zwangsläufig zur Grundfläche des Neubaus. Wie die Nachbargebäude links und rechts steht auch die neue Villa auf einem etwa drei Meter hohen Hügelrücken und tritt dadurch präsent aus dem Straßenbild hervor.

Ziel des Neubaus: Eine Villa aus edlem Naturstein – dem „Verde Andeer“

Die Bauherren wünschte sich einen massiv anmutenden Bau. Im Zuge der Bemusterung von Steinen verliebten sie sich in einen Serpentinit aus den Schweizer Hochalpen im Engadin – den Verde Andeer. In großen Platten verkleidet er nun die drei Vollgeschosse und, in Mauerwerkstechnik ausgeführt, auch das abschließende Staffelgeschoss. Wir entschieden uns für sehr große Plattenformate, um den monolithischen Charakter des Hauses zu betonen. Besonderes Augenmerk galt dabei der Gestaltung von Gebäudeecken, Fensterlaibungen und -bänken: Für diese Details wurde der Serpentinit dreidimensional aus einem Stück hergestellt, um Eckfugen zu vermeiden und den Eindruck von Massivität weiter zu verstärken. Heute zeigt die Fassade durch den Verde Andeer, der wunderbar seine plastische Wirkung entfaltet, eine besondere Wertigkeit.

Offenheit und Großzügigkeit für die Innenräume

Aufgrund der kleinen Grundfläche ist die Villa stark vertikal ausgerichtet. Auf ein teils bewohnbares Souterrain mit Bezug zur unteren Gartenebene folgt das Erdgeschoss mit großen Fensteröffnungen und Übergang zur oberen Gartenebene. Darüber liegen ein Zwischengeschoss und das abschließende Staffelgeschoss. Im Erdgeschoss gehen die Zonen fließend ineinander über. Kochen, Essen und Wohnen werden nur subtil voneinander getrennt. Nach weiteren Wohnräumen im ersten Geschoss finden sich die privatesten Bereiche im Staffelgeschoss, das auf Höhe der Baumkronen des Grunewalds liegt. Dort ist das Schlafzimmer untergebracht, das mit einem kleinen Arbeitsbereich kombiniert wird. Einblicke von außen sind hier oben nicht mehr möglich. Lediglich der Blickachsenbezug zum Kirchturm erinnert daran, dass die Umgebung bebaut ist.

Zeitlosigkeit dank edlem Serpentinit

Inmitten eines historischen Viertels sorgt der Neubau für eine hochwertige und zeitgemäße Neuinterpretation des Bautyps Villa und fügt sich zugleich stimmig in die Umgebung ein. Dabei verweist das Material außerdem auf die klassischen Moderne: Mies van der Rohes Barcelona Pavillon wurde ebenfalls mit einem Serpentinit, dem Verde Tinos verkleidet und hat das zeitgenössische Bauen geprägt wie wenige andere Gebäude des 20. Jahrhunderts.

Bauherr: privat

»Der Bau im Grunewald wirkt abstrakt, reduziert und bedient sich eines sachlichen Formenvokabulars, was an die russische Architekturavantgarde erinnert. Mit der individuellen, ausdrucksstarken Anordnung der Formen und Linien lösen die Architekten eine allzu starre Geometrie auf und verleihen dem Gebäude eine unverwechselbare Anmutung.«

Cube Magazin, Januar 2020

Text: Eva Zimmermann
Fotos:
© Ulrich Schwarz, Berlin
© Caroline Prange