Kaiserlich-preußische Architektur in moderner Nutzung

Kaiserlich-preußische Architektur in moderner Nutzung

„Es geschehen wirklich mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, man muß an ein Wunder glauben. Ich habe dreißig Hirsche erlegt, und nur zwanzig Patronen gehabt.“
Wilhelm I., erster Deutscher Kaiser

Der Kaiserbahnhof in Halbe – seltenes Zeugnis einer vergangenen Ära

Nur drei Kaiserbahnhöfe gibt es noch rund um Berlin – in Potsdam, Joachimsthal und Halbe. Sie entstanden parallel zum normalen Bahnhofsbetrieb, um „höchste und allerhöchste Herrschaften“ zu empfangen. 1865 errichtete Architekt August Orth für Wilhelm I., damals noch König von Preußen und ab 1971 Deutscher Kaiser, eines dieser Schmuckkästchen in Halbe. Dank seiner vier Türme erinnert der Kaiserbahnhof außen an ein Kastell und wurde im Inneren mit gewölbten Decken und Wandmalereien prachtvoll ausgestaltet. Wilhelm I. suchte von hier aus mit illustren Hofjagdgesellschaften die ausgedehnten Jagdgebiete der Hohenzollern südlich von Königs Wusterhausen auf. Mit der Abschaffung der Monarchie 1918 verlor der Bahnhof seine Funktion, verfiel zunächst und wurde dann in den 1950er-Jahren zum Wohngebäude für Eisenbahner und ihre Familien umgebaut.

Peter Macky, ein Neuseeländer mit Faible für die deutsche Geschichte, entdeckte das Gebäude zufällig bei einem Ausflug ins Berliner Umland. Er war sofort begeistert und kaufte das besondere Bahnhofsgebäude mit dem Ziel, diesen seltenen Vertreter seiner Art wieder zum Leben zu erwecken.

Ziel der Restaurierung: Dem Bau neues Leben einhauchen

Nach einigen unvollendeten Sanierungsmaßnahmen übernahmen wir das Projekt im Jahr 2015. Nach Originalplänen des Architekten August Orth restaurierten wir den historischen Zustand des Bahnhofes annähernd, indem wir die Säle und Innenräume des Erdgeschosses wiederherstellten. Dabei blieben entstandene Fehlstellen, zum Beispiel an Wandmalereien, dem letzten vorhandenen Kapitell und der Fassade erhalten und werden auch zukünftig ablesbar sein. Kaisersaal und Salon werden in Zukunft zum Standort für ein Café und können außerdem für Ausstellungen und Konzerte genutzt werden. Gleichzeitig soll der Saal lokalen Vereinen offenstehen; möglich wäre zudem die Nutzung als mobiles Standesamt der nahegelegenen Stadt Teupitz.

Das Nebengebäude wurde im zweiten Bauabschnitt 2018-19 vollendet und als Massivbau in der traditionellen Kratz-Putztechnik neu errichtet. Die Technik verwendet geschredderten Ziegelsplitt aus Restziegeln des Kaiserbahnhofs, welche als Zuschlag dem Putzmörtel beigegeben werden. Dabei entstehen reliefartige Strukturen an den Fassaden. Durch den Bau des Nebengebäudes wird eine zarte Verbindung zu dem angrenzenden alten Bahnhof Halbe geschaffen. Das neue Objekt belebt den Raum zwischen beiden Bahnhöfen und schmiegt sich bequem und unaufdringlich an die bestehenden Substanzen an. Innen beherbergt es dienende Räume wie die Küche, Toiletten und ein Lager. Im selben Zuge wurde auch das Dachgeschoss des Kaiserbahnhofs zur Ferienwohnung ausgebaut, die der Eigentümer selbst nutzen will.

Die Einweihung des Gebäudes wurde im Oktober 2019 groß gefeiert. Das Projekt ist in Neuseeland durch zahlreiche Veröffentlichungen sehr bekannt und zieht Menschen aus aller Welt an.

Alte, neue Schönheit für alle

Nur durch Nutzung bleiben Gebäude erhalten – ein Schicksal, das nun auch dem Halber Kaiserbahnhof vergönnt sein soll. Nach der Restaurierung wird er mit seinem Café als Ausflugsziel offenstehen und durch Ausstellungen und Veranstaltungen zusätzlich Besucher anziehen, damit wieder Leben einkehrt in einen kleinen aber feinen Prachtbau, der von einer vergangenen Epoche erzählt.

Bauherr: Kaiserbahnhof Halbe Limited, Peter Macky
Preis: Brandenburgischer Denkmalpflegepreis 2020

»Der restaurierte Kaiserbahnhof ist ein wunderbarer Beweis für Stefan Zappes Können, Fachwissen und Erfahrung als Architekt. […] Dank ihm ist das Gebäude heute eine wunderbare Bereicherung für die Stadt Halbe, den Spreewald und Deutschland.«

Peter Macky, Bauherr

Text: Eva Zimmermann
Bilder: © Ulrich Schwarz