Ein Vierseiten-Hof erwacht aus seinem Schlaf.

Ein Vierseiten-Hof erwacht aus seinem Schlaf.

In einen stillgelegten, landwirtschaftlichen Hof in Rietz-Neuendorf soll neues Leben einziehen. Für die zukünftigen Bewohner wird das bestehende Hofensemble umstrukturiert und teilweise neu bebaut. Die vormalige landwirtschaftliche Nutzung soll in Form einer ökologischen Kreislaufwirtschaft wieder aufleben. Eine Mutterkuhhaltung von Hereford Rindern bildet dabei den Kern der Landwirtschaft, die sich auf ca. 47ha Grünland und Acker erstreckt.

Das Gebäudeensemble.

Der Vierseitenhof besteht aus 4 Gebäuden, die sich lose an den „vier“ Seiten zu einem Hof gruppieren. Das Gutshaus und der kleinste Stall werden aufgrund von Baufälligkeit abgerissen und durch Neubauten ersetzt.
Ziel war es, die Typologie des offenen Vierseitenhofes zu erhalten und dennoch die räumliche Beziehung zwischen den Gebäuden zu verbessern. Die beiden überdauernden Scheunen setzen gestalterisch die Grundlage für die folgende Ordnung. Ihre Proportionen und Fassaden wurden genau analysiert und für die Gestaltung des neuen Gutshauses und Stalles neu interpretiert. Wichtig war dabei die Abgrenzung von neu zu alt.

»ein Vorwärtsgehen, bei dem man die Vergangenheit baut« Fernando Távora

Durch den Versatz der Gebäudeachsen der beiden neuen Baukörper entsteht optisch eine größere Raumtiefe des Hofes. Sowohl die alten als auch die neuen Baukörper sind nun aus jeder Blickrichtung erkennbar und die Typologie des Vierseitenhofes zu lesen.

Der Hof als verbindendes Element.

Trotz offener Bauweise, sind die Baukörper durch ihre Nutzungen miteinander verknüpft. Ein Gebäude geht nicht ohne das andere. Diese Verknüpfung wird durch Übergangsräume der neuen Baukörper dargestellt. Das neue Gutshaus erhält eine große Freitreppe zum Hof hin, der neue Stall einen Arkadengang.

Ein Gutshaus nach dem Vorbild Schinkels.

Das neue Gutshaus sollte repräsentativ sein und das Gebäudeensemble entlang des Dorfangers in moderner und zugleich klassischer Architektursprache ergänzen. Schinkels Entwurf von 1825 für ein Lusthaus in Potsdam diente als Anregung für die Fassadengestaltung. Der repräsentative Charakter entsteht durch die herausgehobene Stellung der Beletage über dem Souterrain. Auch die typische geometrische Ordnung in Grundriss und Aufriss aus Schinkels Vorbild wurden dem Entwurf zugrunde gelegt. Erkennen lässt sich diese an den regelmäßigen Fensteröffnungen, die die Beletage mit dem »Salon des Tages« und dem »Salon des Abends« zeigen. Auch die große Freitreppe zum Hof hin, dient als Element des Repräsentativen. Die vorstehenden Attika lässt das dahinter liegende Dach fast gänzlich verschwinden. Das Dachgeschoss dient als reiner Rückzugsort für die Bewohner. Im Souterrain sind lediglich Nebenräume untergebracht.

Die Materialwahl.

Entsprechend der unterschiedlichen Entstehungszeiten der Bestandsgebäude zeigen auch die Fassaden aus Sichtklinkern eine Vielzahl an Darstellungsformen. Die Gebäude des Hofensembles sollen auch weiterhin nicht auf Gleichheit getrimmt werden. Das Ziegelverblendmauerwerk der Neubauten wird, entsprechend ihres Typus, seine eigene Struktur und Farbigkeit im Verband haben. So verbindet der Ziegel als Material lediglich die Gebäude in ihrer Typologie.

Der Ausblick.

Neben den Hereford-Kühen, wird auch eine Hühnerkolonie in ihrem Hühnermobil auf die Weiden ziehen. Das Futter für die Tiere wird durch Kulturpflanzen auf eigenen Flächen bereitgestellt. Zwischen den Bäumen der zukünftigen Walnussplantage wird Ackerbohne und Lupine wachsen.
Ein Dorfladen wird später die hergestellten Produkte verkaufen. Auch regionale Geschäfte im Umland sind Abnehmer des Ertrages. Touristen können sich in die neuen Ferienappartements in den Scheunen einmieten und ihren Urlaub am Puls des bäuerlichen Lebens verbringen.

Text: Caroline Prange